DFB-Pokal: Union erstmals klarer Favorit im Stadtderby

Hertha Union Pokal
REUTERS/Annegret Hilse

Wenn am Mittwochabend im Berliner Olympiastadion das Achtelfinale im DFB-Pokal zwischen Hertha BSC und Union Berlin angepfiffen wird, stehen die Vorzeichen erstmals seit dem Bundesligaaufstieg der Eisernen im Juli 2019 klar auf Seiten der Köpenicker. Hertha BSC verlor vorerst die Stadtmeisterschaft an Union Berlin bei der Derbyniederlage im November letzten Jahres. Ideenlos und harmlos wirkte das Offensivspiel der Charlottenburger unter Pal Dardai. Ohne Zweifel ging das fünfte Erstligaduell beider Mannschaften klar an das Team aus dem Ostteil der Bundeshauptstadt. Seit dieser Niederlage ist der Hertha erneut einiges Schlechtes, aber auch Gutes, widerfahren. Die Vorzeichen entwickelten sich im Saisonverlauf dennoch so, dass die Alte Dame wohl erstmals als Außenseiter in das kommende Stadtderby gehen werden.

Korkut tut der Hertha gut

Bekanntlich war die Derbyniederlage in Köpenick der Schlüsselfaktor, warum sich Sportchef Fredi Bobic dazu entschloss, Pal Dardai aus dem Cheftraineramt zu entheben. „Dieses Spiel hat mir unheimlich viele Erkenntnisse gegeben. Auch für die Planungen in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren.“ So sagte es Bobic nach der zweiten Derbyniederlage gegen Union. Da half es auch nichts, dass Hertha im darauffolgenden Spiel gegen Augsburg beinahe mit 1:0 gewann. Tief in der Nachspielzeit musste der Hauptstadtclub den 1:1 Ausgleichstreffer hinnehmen. Zwar wusste es nach dem Spiel noch niemand, doch dieses Resultat stellte das Ende der zweiten Cheftrainerlaufbahn bei Hertha für Dardai dar. „Wenn wir 1:0 gewonnen hätten, wäre die Entscheidung genauso gefallen“, verteidigte Bobic den Entschluss, den Ungar vor die Tür zu setzten. Hertha soll offensiver und attraktiver auftreten. Diese Vorstellung von Fredi Bobic soll seit dem 14. Spieltag der Bundesliga nun Tayfun Korkut erfüllen.

Korkut trainierte zuvor den VfB Stuttgart bis 07. Oktober 2018 und war nur einmal bei seinen vorherigen Stationen länger als sechs Monate im Amt des Cheftrainers. Unter Korkut spielte Hertha bislang sechsmal. Aus diesen Partien holte die Alte Dame acht von möglichen 18 Punkten. Zwar ist auch diese Bilanz ausbaufähig, doch das Spiel der Hertha hat sich verändert. Bobic erlebt, wie das blau-weiße Team deutlich offensiver und ideenreicher agiert. Das beweisen allein die acht Tore, die Hertha unter Korkut schoss. In elf Saisonspielen unter Dardai traf die Alte Dame 13 Mal. Die Tore stiegen von 1,18 unter Dardai auf 1,33 im Schnitt unter Korkut an. Dazu geben die Berliner mehr Torschüsse ab.

Die Tabelle lügt nicht

Mit 22 Punkten steht Hertha derzeit auf dem 13. Tabellenplatz. Nachdem die Alte Dame mit dem 3:2 Heimsieg über Dortmund das erste Ausrufezeichen unter Korkut setzten konnte, blieb Hertha hinter den Erwartungen. Den Blau-Weißen gelang es nicht an diese Sieg anzuknüpfen. Mit 1:3 ging der Auftakt in die Rückrunde im Olympiastadion in die Hose. Noch immer es ist das alte Problem der zu vielen Gegentore, welches die vermehrten Offensivaktionen der Alten Dame zunichtemacht. Auch unter Korkut konnte Hertha dieses Problem nicht abstellen. Bislang kassierte Hertha 38 Gegentore, was den zweitschlechtesten Defensivwert der Bundesliga darstellt. Seit Korkut resultierten davon elf. Das Duell vom Samstag in Wolfsburg stellte ein Schlüsselspiel für Hertha dar. Wolfsburg verlor acht Pflichtspiele infolge und steht hinter Hertha in der Tabelle. Um sich vorerst aus der drohenden Abstiegszone zu befreien, hätte Hertha gewinnen müssen. Hätte ist das Stichwort. Die Partie endete 0:0. Somit steckt der Hauptstadtclub weiter in der Kellerzone.

Union Berlin hingegen sammelt munter weiter Punkt um Punkt. Seit dem 2:0 Erfolg über Hertha im November holten die Eisernen elf Punkte und somit drei Zähler mehr als Hertha. Dazu gewann die Mannschaft von Trainer Urs Fischer am Wochenende mit 2:1 gegen Hoffenheim. Durch diesen Dreier kletterten die Köpenicker auf den 5. Tabellenplatz. Ein Champions League Platz ist nur einen Punkt entfernt. Seit dem Sieg über Hertha verlor Union nur eine Bundesligapartie. Mit 0:1 mussten sich die Eisernen beim Tabellenletzten aus Fürth geschlagen gebe. Allerdings korrigierte Union diesen peinlichen Fauxpas in den letzten Wochen. Seit dieser Niederlage ist Union ungeschlagen in der Bundesliga. Die aktuelle Form beider Mannschaften und die derzeitige Tabelle sagen klar aus, dass Union Berlin erstmals seit dem Aufstieg in die höchste Spielklasse der eindeutige Favorit im kommenden Berliner Stadtderby ist.

Hoffnung für Hertha?

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Hertha seit einiger Zeit auf Stevan Jovetic verzichten muss. Der Montenegriner fällt noch immer aufgrund anhaltender Wadenprobleme aus. Jovetic ist mit fünf Treffern Herthas bester Torschütze. Dazu hatte die Alte Dame in Wolfsburg kaum Offensivoptionen. Nicht nur Jovetic fehlte, sondern auch Suat Serdar. Serdar ist der Spielgestalter im Spiel der Berliner und kreiert die meisten Chancen für die Hertha. Der Mittelfeldspieler wird nach abgesessener Sperre im Pokal zurückkehren und Hertha guttun. Gleiches gilt für Kevin-Prince Boateng. Ebenso könnte Kapitän Dedryck Boyata sein Startelf-Comeback geben. Der Belgier kehrte nach einiger Zeit kurz vor Schluss per Einwechslung in Wolfsburg zurück auf den Rasen. Dazu ist Winterneuverpflichtung Fredrik André Björkan erstmals einsatzbereit. Der linke Verteidiger könnte von Korkut reingeworfen werden und die linke Seite der Berliner zusätzlich beleben.

Weitere Hoffnungen auf den Einzug ins Viertelfinale machte Trainer Tayfun Korkut den Berliner Fans höchstpersönlich auf der Pressekonferenz am Montag vor dem Spiel. Korkut sagte: „Wir wollen unsere Fans glücklich machen und ihnen etwas zurückgeben.“ Dazu sei Hertha weiterhin die Nummer eins in Berlin, denn“ Union macht es die letzten Jahre sehr gut, das ist Fakt. Aber wenn man die Geschichte sieht, weiß man, wer die Nummer eins der Stadt ist. Aber man muss es auch auf den Platz bringen, es immer wieder neu beweisen.“ Mit Blick auf die Mitgliederzahlen stimmt diese Aussage. Hertha führt das Rennen mit knapp 41.000 Mitgliedern an. Weiter gab sich Korkut siegessicher und gab preis, dass „Ich auf unsere Mannschaft setzen würde. Da bin ich mir sicher.“ Im Berliner Olympiastadion hat Hertha noch kein Bundesligaduell gegen Union Berlin verloren. Beide bisherigen Duelle konnte Hertha für sich entscheiden.

Wie geht es die Hertha gegen Union an?

Dass Tayfun Korkut von seinem etablierten 4-4-2 respektive 4-2-2-2 System abweicht, ist nicht von auszugehen. Nachdem auch Ishak Belfodil sein Comeback nach überstandener Coronainfektion in Wolfsburg geben konnte, sind die Offensivoptionen der Hertha dennoch Mangelware. Da Krzysztof Piątek nach Florenz ausgeliehen wurde, schmerzt der Ausfall von Jovetic noch mehr. Dazu konnte sich Myziane Maolida zwar als temporeich und kreativ im Sturm erweisen, doch dem jungen Franzosen fehlt eindeutig die Kaltschnäuzigkeit. Allerdings zeigte Davie Selke bislang gar keine genannten Attribute, weswegen von einer Doppelsitze bestehend aus Maolida und Belfodil auszugehen ist.

Im Mittelfeld wird Suat Serdar in die Startformation zurückkehren. Er könnte gemeinsam mit Ascacíbar oder Tousart das Zentrum bilden. Auf den beiden Außenbahnen sind Marco Richter und Jurgen Ekkelenkamp zu erwarten. Sollte Korkut sich allerdings für Björkan zu Beginn entscheiden, würde Maxi Mittelstädt die Postion auf der linken Offensivseite bekleiden. Ist dies nicht der Fall, wird die defensive Viererkette aus Mittelstädt, Stark, Boyata oder Torunarigha und Klünter gebildet werden. Lukas Klünter vertritt derzeit Peter Pekarik auf der Postion des rechten Verteidigers, da sich Pekarik aufgrund einer Coronainfektion in häuslicher Quarantäne befindet. Eine Veränderung auf der Torhüterposition ist ebenfalls nicht möglich. Eventuell hätte Oliver Christensen sein Debüt für Hertha geben können. Dieses ist ebenfalls aufgrund einer Coronainfektion unrealistisch. Alexander Schwolow ist nicht unumstritten im Berliner Tor, doch zeigte einige wichtige Paraden gegen Wolfsburg.

Daher ergeben sich zwei mögliche Startaufstellungen für Hertha am Mittwochabend.